Lassen Sie mich von einem Vorfall berichten, der mir kürzlich widerfahren ist. Ich hatte im Anschluss daran mit Steve Osler darüber gesprochen, bei einer unserer Unterhaltungen über Kite, und uns kam spontan die Idee, das Erlebte mit dem gesamten Wildix-Ökosystem zu teilen.
Die Angelegenheit ist eigentlich schnell erzählt, aber die Dynamiken in der Abfolge der Ereignisse scheinen mir sowohl unterhaltsam als auch lehrreich zu sein. Sie brauchen kein Coca Cola und Popcorn bereitzustellen – ich werde versuchen, kurz und bündig zu erzählen.
Ich besuchte unlängst einen Kunden, ein multinationales Unternehmen aus der Hotelbranche, der einen 7 Hektar großen Hotelbetrieb mit ca. 1.000 Zimmern leitet. Eigentlich war ich lediglich für einen kurzen Lokalaugenschein vor Ort, traf dort aber zufällig und recht unerwartet auf unseren Konkurrenten Mitel.
Was folgte, kann man nicht als Duell bezeichnen, es war wohl eher ein kurzer „Meinungsaustausch” – die Gründe für meine Wortwahl werde ich später erläutern.
Ich hatte nicht erwartet, meinem Kunden erneut erklären zu müssen, weshalb er sich für uns und nicht für unsere direkte oder indirekte Konkurrenz entscheiden oder gar nichts tun sollte. Ein Gespräch dieser Art hatte bereits stattgefunden und der Kunde hatte mein Angebot – das er schlicht nicht ablehnen konnte – bereits angenommen, alles erfolgreich getestet und installiert. Nach 18 Monaten Kundenpflege waren wir wir weit entfernt vom Stadium eines Neukunden. Mein Besuch vor Ort sollte dem nächsten Schritt gewidmet sein, nämlich die technische und wirtschaftliche Machbarkeit eines Upsellings für den gesamten Betrieb zu prüfen.
So weit so gut. Doch selbst wenn man glaubt, die Katze bereits im Sack zu haben, sollte man nie die Prinzipien eines professionell abgewickelten Verkaufs vergessen – wenn also nach erfolgreichen Verhandlungen ein noch so kleiner Zweifel beim Kunden bestehen bleibt, sollte dieser von DEMSELBEN Verkäufer, der mit dem Kunden schon im Gespräch war, aus der Welt geschafft werden. Ansonsten … ja, ansonsten werden den Kunde diese Zweifel stets begleiten und er könnte es sich jederzeit anders überlegen bzw. innerhalb von wenigen Tagen alle Verhandlungen abbrechen.
Woher kamen im vorliegenden Fall also diese gefährlichen Zweifel? Es ging um die Verlässlichkeit der Wildix-Lösung (sinnbildlich gesprochen „David”) im Vergleich zur Mitel-Lösung („Goliath”). Nun sind Vergleiche etwas völlig selbstverständliches, nicht wahr? Und versetzen Sie sich in die Lage des Kunden, der den Schlagabtausch zweier „Profis“ verfolgt:
Wildix ist zwar mittlerweile auch recht bekannt, aber bei weitem nicht so bekannt wie Mitel. Daran knüpft sich natürlich der erste Vergleich, den ein Kunde anstellt. Ein erfahrener Verkäufer muss auf das gefasst sein und damit umgehen können. Der Mitel-Verkäufer wusste um seinen vermeintlichen Vorteil im Ausspielen der Marktpräsenz von Mitel und konnte in der kurzen Zeit, die ihm zur Verfügung stand, sich gut als „allwissender Marktführer“ positionieren, indem er den Gartner Magic Quadrant, die spezielle Mitel-Hotellösung, die Marken, die bereits mit Mitel zusammenarbeiten u.a.m. erwähnte. Alles Argumente, die scheinbar (darauf komme ich später noch zurück) unumstößlich sind und stichhaltig vorgebracht werden können.
Ich darf Sie noch einmal daran erinnern, dass keiner von uns beiden eigentlich vor Ort war, um einen Wettstreit unserer Lösungen auszutragen. Man tut allerdings gut daran, stets sich zu vergegenwärtigen, dass zwei Dinge niemals ruhen:
- Geld,
- eine mögliche Meinungsänderung des Kunden, was den Kauf anlangt.
Es ist riskant, diese Tatsache zu ignorieren, würde der gute Al Ries sagen… Ich hatte zwei Möglichkeiten: Versuchen, mit „Ja, aber das kann ich auch“, „Qualität, Freundlichkeit und Flexibilität“ zu kontern und mich wie in einem amerikanischen Film aus den 1930er Jahren verzweifelt an das Ende des Zuges zu klammern (in den Filmen fällt der Schauspieler letztlich immer herunter und rollt hilflos davon), oder einen Fehltritt meines Konkurrenten abzuwarten… und genau das tat ich.
Mitel mag die Position des Marktführers innehaben – was Argumente in puncto starker inhaltlicher Verhandlungsposition anlangte, konnte Mitel aber Wildix nicht das Wasser reichen. Es wäre wohl als arrogant und unangebracht aufgenommen worden, den Aussagen des Mitel-Vertreters meinerseits mit „Ja, aber ich kann das auch… und noch mehr“ zu begegnen. Die kurze Zeit, die zur Verfügung stand, für einen „Schlagabtausch“ vor dem Kunden zu nutzen, hätte zur Folge gehabt, dass der Kunde seine Entscheidung gegebenenfalls überdenkt…
Den alles entscheidenden Schlag versetzte meinem Mitbewerber schließlich die GARANTIE!
„Wir von Mitel sind zuverlässig, wir haben breite Schultern, wir zucken nicht mit der Wimper, wenn ein Telefon nach 1 Jahr und 15 Tagen KAPUTT GEHT. Schicken Sie es einfach zurück und wir tauschen es um“.
Worauf ich antwortete:
„Sie sagen also – erklären Sie mir das bitte, da ich kein Experte des spanischen Marktes bin – dass Mitel 1 Jahr Garantie gewährt?“
Er antwortete:
„Ja natürlich, das ist zwischen Unternehmen so. Falls das Problem aber 15 Tage später eintritt, machen wir keine Probleme – WIR tauschen es trotzdem um.“
Ich reagierte – nach 10 Sekunden zum Luftholen und einem Blick auf meinen Notizblock:
„Ahhh, das wusste ich nicht, das machen wir auch. Wenn das Telefon eines Kunden nach F-Ü-N-F Jahren und 15 Tagen kaputt geht, zucken wir nicht mit der Wimper…“
Er schien sich unbehaglich zu fühlen.
„5 Jahre?! Ok, aber was sind die Bedingungen und zu welchem Preis?“
„Hmmm“, antwortete ich, „Wildix gewährt auf alle seine Produkte F-Ü-N-F Jahre Garantie“. Dabei betone ich 5 wie die alles entscheidende Gewehrsalve.
„Da müssen Sie die Osler-Brüder, die Inhaber, fragen. Ich glaube, dass sie einfach von den Produkten, die sie verkaufen, überzeugt sind.“
Der Kunde schaut mich an, nickt und antwortet: „Ein ganz schön großer Unterschied, dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen.“
Wie ging die Geschichte aus?
Am Anfang meiner Erzählung hatte ich darauf hingewiesen, dass es sich eher um einen „Meinungsaustausch“ denn ein echtes Duell handelte. Nun…
Am Ende landete ich mit dem Mitel-Vertriebsmann an der Bar, wo ich mich in „Pater Gabriele” verwandelte und die Beichte hinsichtlich der schwierigen Arbeitsbedingungen bei Mitel abnahm: von fehlender Reaktionsfähigkeit bei Problemen, Integrationsfehlern mit spanischen PMS (sie funktionierten nie so, wie sie sollten), Informationen, die in den Büros der Führungsetagen verloren gingen… also ein Umfeld, in dem das Engagement von guten Vertriebsmitarbeitern im Keim erstickt wird.
…und wie ging es mit dem Kunden weiter? Er hatte die Situation sofort richtig eingeschätzt und benötigte keine weiteren Argumente oder Erklärungen.
Ich habe zwei wichtige Lektionen gelernt.
(Erstens): Jeder professionelle Verkauf besteht aus verschiedenen Phasen und Prozessabläufen. Man kann diese nicht einfach überspringen oder improvisieren – auch wenn es verlockend scheint. Wer gut vorbereitet ist, wartet ab und erkennt den richtigen Moment für einen „intelligenten“ Angriff noch vorne. Ein Angriff, der allein vom Verstand, nicht von Emotionen diktiert wird.
(Zweitens): Wer betet, es möge regnen, sollte auch mit Schlamm rechnen.
Cool bleiben und Ruhe bewahren!!!
P.S. Vielleicht habe ich ja unbeabsichtigt den Mitel-Vertriebsmann bekehrt? Wer weiß…